TVE Ich bin dabei

„Du musst authentisch bleiben“

05.03.2020

Seit etwas mehr als zwei Wochen gibt er beim TV Emsdetten die sportlichen Kommandos: Aaron Ziercke. Und legte so gleich einen Traumeinstand hin. Das erste Heimspiel unter seiner Führung gewann der TVE mit 31:27 gegen unseren Derbynachbarn ASV Hamm-Westfalen. Über 2.200 Zuschauer in der Emshalle waren schlichtweg aus dem „Häuschen“. Wir haben beim ehemaligen Bundesliga- und Nationalspieler und unserem heutigen Trainer nachgefragt. 

Hallo Aaron, du bist jetzt seit einigen Tagen in Emsdetten. Welche Eindrücke hast du bislang von deiner neuen sportlichen Heimat sammeln können?

Aaron Ziercke: „Von Emsdetten habe ich außer der Emshalle und der Geschäftsstelle sowie mein Hotelzimmer noch wenig mitbekommen. Der Empfang von Mannschaft und Umfeld war sehr herzlich. Mein Eindruck ist, dass hier alle im Verein Hand in Hand arbeiten. Ich verspüre eine gute Arbeitsatmosphäre.“ 

Bei deinem Einstand als TVE-Trainer bist du gleich mit einem Derbysieg gestartet.

Aaron Ziercke: „Gegen den ASV Hamm war die Stimmung in der Halle einfach nur fantastisch, das war richtig, richtig gut. Meine Mannschaft hat in der ersten Halbzeit emotional am Anschlag gespielt und eine hohe Effektivität an den Tag gelegt. In der zweiten Halbzeit wurde es zwischenzeitlich enger, aber wir haben das Heft des Handelns nicht aus der Hand gegeben. Insgesamt ein verdienter Derbysieg. Jetzt stehen weitere Heimaufgaben an, die wir alle erfolgreich bestreiten wollen.“ 

Als Spieler warst du 14 Jahre in der 1. Bundesliga unter anderen für den THW Kiel, die SG Flensburg-Handewitt und GWD Minden aktiv. Wie sehr hat dich diese Zeit als Sportler und Mensch geprägt?

Aaron Ziercke: „Als A-Jugendlicher bin ich in den Bundesliga-Kader des THW Kiel gekommen und habe in meiner ersten Saison mit Magnus Wislander (von der IHF zum Welthandballer des Jahrhunderts gewählt/Anm. d. Red.) zusammengespielt, mit dem ich mir bei Auswärtsfahrten auch das Hotelzimmer geteilt habe. Die Jahre in der Bundesliga und in der Nationalmannschaft haben mich sehr geprägt. Handball ist meine Leidenschaft und Passion, unsere Sportart ist mir in Fleisch und Blut übergegangen. Im Kopf hängen geblieben sind mir aus dieser Zeit viele Dinge: Als 18-jähriger in der ausverkauften Ostseehalle – heute Sparkassen-Arena - in Kiel aufzulaufen oder als Nationalspieler vor 14.500 Zuschauern im Palais Omnisports in Paris-Bercy. Auch dass ich mit Weltklasse-Handballern wie Talant Dujshebaev oder Uwe Schwenker zusammenspielen durfte, weckt in mir schöne Erinnerungen. Zudem das Play-Off-Finale um die Deutsche Meisterschaft mit dem THW gegen den VfL Gummersbach. Was aber den besonderen Reiz des Profi-Handballs ausmacht: Die Handball-Familie. Du triffst Woche für Woche auf Ehemalige und Aktive und führst einen regen Austausch. Zudem die regelmäßigen Treffen mit den ehemaligen Nationalmannschafts-Kollegen wie Henning Fritz oder Stefan Kretzschmar zu Allstar-Games und dergleichen. Allein in unserer Ehemaligen-Whatsapp-Gruppe sind 60 Nationalspieler.“

Im Jahr 2009 bist du als Trainer der zweiten Mannschaft bei GWD Minden gestartet. Wie kam es dazu? Gibt es für dich Trainer-Vorbilder?

Aaron Ziercke: „Es war eigentlich gar nicht mein Plan, als Trainer hauptberuflich zu arbeiten. Meine Spielerkarriere musste ich aufgrund einer Schulterverletzung beenden. Anschließend habe ich eine Ausbildung zum Physiotherapeuten erfolgreich abgeschlossen. Dieser Beruf hat mir viel Freude bereitet, vor allem die Trainingslehre war einer meiner Schwerpunktthemen. Eines Tages wurde ich von den GWD-Verantwortlichen gefragt, ob ich mir den Trainerjob der 2. GWD-Mannschaft in der 3. Liga vorstellen könne. Das habe ich dann sieben Jahre in Minden gemacht. Meine Aufgabe: Talente aus der Jugend in den Senioren-Handball zu führen und weiterzuentwickeln, so dass Bundesligaspieler aus ihnen werden. Etliche meiner damaligen Spieler haben den Sprung in die 1. und 2. Bundesliga geschafft. Zudem war ich auch unter Ulf Schefvert und Sead Hasanefendić als Co-Trainer in der Erstligamannschaft von GWD aktiv. Damals musste ich mich entscheiden: Trainer oder Physiotherapeut? Meine Frau (105-fache Handball-Nationalspielerin/Anm. d. Red.) meinte: Wenn du die Möglichkeit hast, beruflich im Handball zu bleiben, dann nimm die Chance wahr. So bin ich 2014 zum HC Empor Rostock gegangen, um dort erstmalig hauptverantwortlich als Trainer einer Zweitliga-Mannschaft zu arbeiten. 2016 habe ich ein Angebot des TuS N-Lübbecke angenommen und dort bis März 2019 gearbeitet. Vorbilder habe ich in dem Sinne nicht, da ich finde, dass jeder Trainer seinen eigenen Weg gehen sollte. Ganz wichtig: Du musst authentisch bleiben. Am meisten geprägt wurde ich von Alfreð Gíslason. Er verstand es, an den Stärken eines jeden Spielers zu arbeiten und diese weiterzuentwickeln. Alfreð war knallhart, aber immer fair.“        

Abschließende Frage: Was macht Trainer Aaron Ziercke am 23.05.2020 um ca. 20.00 Uhr?

Aaron Ziercke: „Ich werde mit meiner Mannschaft ein Nicht-Abstiegs-Bier trinken.“

Aaron, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für die kommenden Aufgaben.